The opening of the first Autumn session of ’Dance Inn Festival’, organised by ’DeFacto Theatre Company, took place in ’Zagreb Dance Center’ with a very interesting double bill, the performance ’Double Portrait’ by Isabelle Schad, followed by ’Love Will Tear Us Apart’ by Petra Hrašćanec and Saša Božić. The theme of the festival is ’Portrait in Dance’.
The bodies of two dancers with accentuated lanky limbs perform Double Portrait, a dance performance of a very uniform character, almost closer to a live visual mobile or bodily installation.
Temporal rhythmic gradations in it are almost absent whilst the narration of the bodies follows visually subtle, but yet progressive the quasi-psychological narrative of the body, and becomes through its mechanics a new body of a new legitimacy. It is a duet that is transformed into a solo by a mere physical approach, playing with the prolongation of the dancer’s body into the other. Such a newly-created body, marked with their stitched and simultaneously extended bodies, recalls Schiele’s portraits.
The movements -neither rough nor sensual- appear in the same time organic and mechanic. Something like a creature in symbiosis, bodies without limbs, pulsating movements that use the contraction and expansion of the bodies for creating further motions. The system of such type of motion reminds of special geometric movements, e.g. of train wheels. What happens is that the spines of the dancers are constantly linked either to the floor of the scene or to one another, creating a body following new laws that acts like an alien and fluidly talks a new language, similar to invertebrates or to a mono-cellular organism.
Through choreographic patterns, the joint body develops, extends and spreads around its hollow center. The dance acts like an intimate chess game, where the tokens are ’not eaten’ but it plays the limits between body and space. The sound, although organic, sounds rather unnatural and works like a gentle amplifier of noise. The stage, partially made of a light velvet-like peach-coloured patch, emphasises the texture of the dancers’ naked limbs and their tactility. Although there are recognisable, almost narrative moments in motion, such as imitation, rejection or intercourse, the overall performance is completely deprived of intimacy, mutual concern or violence of the two performing characters.
The fluctuating variations that the dancers perform and their unique united body recalls the movement of some astonishing prehistoric organism.
© Maja Ležaić, PLESNA SCENA.hr, October 18, 2017.
Double Portrait
concept and choreography Isabelle Schad
co-choreography and performance: Przemek Kaminski, Nir Vidan dramaturge Saša Božić, sound engineer Damir Šimunović, light engineer Bruno Pocheron, costumes Charlotte Pistorius
Zwischen Drehwurm und Doppeltsehen
Isabelle Schad feiert mit „Double Portrait“ und „Turning Solo“ Premiere im HAU 3 in Berlin
Tanznetz, 17.12.2017, von Maria Katharina Schmidt
Berlin – Naïma Ferré dreht sich so lange um die eigene Achse, bis schließlich Wind über die Bühne fegt. Zumindest scheint es so – bläht sich ihre Kleidung doch zusehends mit Luft auf. Die Performerin und Ko-Choreografin von „Turning Solo“ bewegt sich zu Beginn des Stücks in einem schmalen, gedimmten Lichtkegel, der zugleich die restliche Bühne in noch tieferes Schwarz taucht. Kontinuierlich fließend, jedoch extrem langsam wandern Naïma Ferrés Hände um ihren Kopf. Sie erkundet tastend Gesicht, Ohren, Schläfen und die Haare am Hinterkopf um erneut Gesicht, Ohren, Schläfen und die Haare am Hinterkopf zu ertasten.
Derweil dreht sich ihr Körper ebenso kontinuierlich um die eigene Achse. Sie wird die nächsten 30 Minuten nicht aufhören, sich im Kreis zu drehen, während die lebendige Skulptur, die Naïma Ferré alsbald über ihre Bewegungen auf der Bühne entwirft, immer neue Pfade begeht. So weicht die Haptik der Atmosphäre, die sich in diesen ersten Minuten über das Ertasten des Kopfes und den kratzenden Sound aus den Lautsprechern einstellt, schnell raumgreifenderen Drehungen. Über die Zeit etabliert sich dabei im eigenen Zuschauen ein Rhythmus, in dem das Publikum den Drehbewegungen der Bühne tatsächlich kopfkreisend folgt und am Ende mit einem leichten Drehwurm aus dem Abend entlassen wird.
In „Double Portrait“, das Eröffnungsstück des Abends, arbeitet die Berliner Choreografin ebenfalls mit einem Kontinuum an sich wiederholenden und dabei fließend verschiebenden Bewegungssequenzen. Przemek Kaminski und Nir Vidan, die beiden Performer und zugleich Ko-Choreografen von „Double Portrait“, entwerfen in ihrem ‚Duett’ – entgegen Naïma Ferrés skulpturaler Qualität – vielmehr eine bewegte Bildfläche, die paradoxerweise auch in der Tiefe des Bühnenraums Bild bleibt. Dieses Portrait der entstehenden Vexierbilder, Zwillingsgestalten und vielfachen Spiegelungen zwischen den Körperbewegungen von Przemek Kaminski und Nir Vidan zeichnet zugleich ihr je individuelles Portrait als Performer nach. Lediglich in den Momenten, in denen aus den Beinen Hände wachsen und kein Anfang des einen, noch Ende des anderen Körpers mehr zu finden ist, lediglich dann verschwimmt der einzelne Körper vom Nebeneinander in ein Miteinander verknoteter Gliedmaßen.
Die Soundcollage des Komponisten Damir Šimunovi irritiert schließlich den über die stetige Wiederholung der Bewegungen induzierten Sog der Aufmerksamkeit und legt eine zweite Ebene über die Gegenwart der Bühne. Stimmengemurmel, Straßengeräusche, ein anfahrendes Moped und unter allem ein treibender Rhythmus spalten auditive und visuelle Aufmerksamkeit und eröffnen kurioserweise einen zweiten Raum jenseits der Bühne.
Sei es der in „Turning Solo“ bewegungsinduzierte Drehwurm am Ende des Stücks oder die offengehaltene Irritation über das Auseinanderdriften von Sound und Bewegungsbild der Bühne in „Double Portrait“ – dieser Abend wirft das Publikum in vielfältiger Weise zurück auf seine eigene Wahrnehmung. Beide Stücke sprechen mit ihrer minimalistischen und fokussierten Körperarbeit unser Vermögen an, im Zuschauen den Bewegungen anderer am eigenen Körper nachzuspüren. Oder aber es war der knurrende Magen, der den eigenen Körper während des Abends in diese Sphären hat abdriften lassen, stellt einer der Zuschauer am Ende augenzwinkernd und begeistert fest.
Mit „Turning Solo“ und „Double Portrait“ setzt Isabelle Schad ihre Portrait-Reihe fort, die 2015 mit „Fugen“ begann und dem 2016 die Produktion „Solo für Lea“ folgte.